"Mama, bist du noch böse?" – Wie Kinder unsere Emotionen wahrnehmen!
Mar 14, 2025
Kennst du das? Du bist kurz genervt oder verärgert – und für dein Kind fühlt es sich an, als würde die Welt untergehen?
Genau das habe ich neulich mit meiner ehemaligen Pflegetochter erlebt. Sie ist acht Jahre alt und hat eine schwierige Geschichte hinter sich. Bindungstraumata, Verlustängste – all das schwingt in ihrem Inneren mit, auch wenn sie das selbst noch gar nicht richtig in Worte fassen kann.
Neulich war eine Kleinigkeit passiert – ich war einen Moment lang verärgert. Für mich war das eine "Zwei" auf der "Ärgerskala", eine winzige Welle, die nach Sekunden wieder verflogen ist. Aber für sie? Für sie fühlte es sich an, als hätte ich einen Sturm losgetreten.
Etwas später fragte sie mich unsicher: "Bist du noch böse?"
Ich war total überrascht. In meinem Kopf war dieses kleine Ärgernis längst verflogen. Aber für sie war es immer noch da – weil sie nicht einschätzen konnte, wie "groß" oder "schlimm" meine Emotion wirklich war.
Und genau hier liegt ein wichtiger Punkt: Kinder nehmen Emotionen anders wahr als wir.
Wenn Ärger immer gleich schlimm wirkt
Für meine Pflegetochter machte es keinen Unterschied, ob ich mich kurz ärgerte, weil ein Glas umgekippt war, oder ob ich wirklich wütend über etwas Ernsthaftes war. In ihrem Empfinden war Ärger einfach Ärger – immer gleich schlimm, immer bedrohlich.
Kinder haben oft noch keine innere "Skala" für Emotionen. Sie können nicht automatisch unterscheiden:
➡️ Ist Mama nur ein bisschen genervt?
➡️ Oder ist sie wirklich richtig wütend?
➡️ Wie lange hält diese Emotion an?
➡️ Bedeutet das, dass sie mich nicht mehr lieb hat?
Gerade Kinder mit Bindungstraumata, Verlustängsten oder sehr unsichere bzw. sensible Kinder erleben jede herausfordernde Emotion als etwas Bedrohliches. Sie spüren unsere Anspannung, und können nicht einordnen, was sie bedeutet.
Deshalb habe ich beschlossen, etwas Neues mit ihr auszuprobieren:
Die Ärger-Skala: Eine einfache Methode, um Emotionen einzuordnen
Ich habe ihr erklärt, dass Ärger unterschiedlich stark sein kann – genau wie Schmerzen oder das Wetter.
"Ein kleiner Kratzer tut viel weniger weh, als wenn du dir die Hand gebrochen hast, stimmts?"
Und wir haben eine kleine Skala entwickelt:
🌱 1-3: Kleiner Ärger (z. B. ein verschüttetes Glas) – vergeht schnell.
🌤 4-6: Mittlerer Ärger (z. B. jemand hält sich nicht an eine Abmachung) – bleibt etwas länger.
⛈ 7-10: Starker Ärger (z. B. ein großer Vertrauensbruch) – braucht mehr Zeit.
Dann habe ich ihr gesagt:
"Vorhin war ich nur auf einer Zwei. Ich war kurz verärgert, aber das war schnell wieder vorbei! Wie ein kurzer Regenschauer und dann kam die Sonne wieder hervor."
Und dann habe ich noch etwas gesagt, um auch den Ärger als Emotion zu normalisieren. Denn das Gefühl ÄRGER oder WUT zu spüren, ist in Ordnung. Es macht Sinn.
Ich habe sie gefragt:
"Was braucht es denn, damit ein wundervoller Regenbogen entsteht?"
Sie hat kurz nachgedacht und dann gesagt: "Regen und Sonne".
Und dann konnte ich ihr erklären: "Schau wir Menschen sind der wunderschöne Regenbogen. Und wir brauchen beides die herausfordernden Gefühle und die wunderschönen Gefühle. Beides gehört dazu."
Und plötzlich konnte sie aufatmen. Sie hatte eine Einordnung. Sie hatte ein besseres Verständnis. Sie konnte erkennen: Es war kein riesiger Sturm, sondern nur ein kleiner Regenschauer, der schon wieder verschwunden ist.
Ich sage immer: "Wir müssen unseren Kindern die Welt an Hand von Geschichten erklären".
Kinder sind keine kleinen Erwachsenen
Ihre Rückfrage war für mich eine riesige Erkenntnis!
Wir dürfen nicht davon ausgehen, dass Kinder Emotionen so einordnen können, wie Erwachsene.
Jedes Kind hat eine andere Wahrnehmung. Vielen Kindern fehlt noch die Lebenserfahrung. Und je nach persönlicher Geschichte, Temperament und Bindungserfahrungen können Emotionen ganz unterschiedlich intensiv verarbeitet werden.
Meine anderen beiden Kinder reagieren in solchen Situationen ganz anders. Sie haben diese Angst vor Ärger nicht. Für sie ist es klar, dass ein kurzer genervter Blick von mir nicht bedeutet, dass ich sie weniger liebe.
Aber dieses Kind braucht eine andere Begleitung und viel mehr Achtsamkeit meinerseits mit dieser Thematik – und das ist okay.
Jedes Kind ist individuell!
Was wir als Eltern tun können
✅ Hilf deinem Kind, Emotionen einzuordnen – durch Skalen oder Metaphern.
✅ Sprich deine Emotionen aus und normalisiere sie – sag deinem Kind, wenn ein Ärger nur kurz ist.
✅ Versichere deinem Kind, dass deine Liebe bleibt – unabhängig von Gefühlen.
✅ Erkenne, dass jedes Kind anders ist – und begleite es individuell.
Das Wichtigste, was wir unseren Kindern geben können, ist emotionale Sicherheit. Wenn sie lernen, dass Emotionen kommen und gehen, dass nicht jeder Ärger bedrohlich ist und dass sie immer geliebt werden – dann geben wir ihnen eine riesige innere Stärke mit.
Und wir sind auch ein gutes Vorbild, denn sie werden ihren eigenen Ärger auch differenzierter wahrnehmen!
Und zum Abschluss einer meiner wichtigsten Grundsätze:
Trenne Gefühle & Bedürfnisse, Verhalten und Identität! Wir sind NICHT unsere Gefühle. Wir FÜHLEN unsere Gefühle. Wir sind NICHT unsere Handlungen. Wir TUN gewisse Dinge auf eine gewisse Weise und das ist nicht immer korrekt. Wir SIND wundervoll. PUNKT. Unsere Identität ist Mensch-Sein.
Und ich bin der absoluten Überzeugung, dass wir Eltern im Grunde unseres Herzens wundervoll sind und immer das Beste für unsere Kinder wollen, auch wenn wir nicht immer das Beste tun.
Und ich bin der absoluten Überzeugung, dass unsere Kinder im Grunde ihres Herzens wundervoll sind, aber ihr Verhalten nicht immer angepasst ist, weil sie NOCH keine besseren Bewältigungsstrategien kennen oder ihnen NOCH Kompetenzen fehlen.
Wie du die wahren Bedürfnisse deines Kindes hinter seinem Verhalten erkennst, um dann sinnvoll auf dein Kind eingehen zu können, kannst du alles auf meiner WUNDERWELT KIND Lernplattform lernen.
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Auf meiner Lernplattform findest du Video Module, die dir genau zeigen:
📌 Wie du mit deinem Kind über Emotionen sprichst
📌 Wie du Ängste und Sorgen ernst nimmst – ohne sie zu verstärken
📌 Wie du dein Kind in schwierigen Momenten sicher begleitest
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Alles Liebe & hoffentlich bis bald
Deine Nadja