„Hilfe, meine Kinder schlagen sich - Wie ich in 5 Schritten die Situation klären konnte!
Mar 11, 2025
Freitagabend. 21 Uhr. Meine Schwiegereltern sind gerade zu Besuch aus Berlin da. Wir sind kurz davor mit dem Abendessen zu beginnen – und natürlich - genau in diesem Moment klingelt mein Telefon. Am anderen Ende ist meine 8-jährige ehemalige Pflegetochter. Ich höre nur lautes Weinen, Schluchzen und den schreienden alleinerziehenden Papa im Hintergrund. Da herrscht gerade absolutes Chaos.
Kennst du das? Du hast Pläne, willst dich gerade entspannt hinsetzen – und dann aus dem Nichts ein riesiger Geschwisterstreit. Und egal, was du machst, es wird immer nur schlimmer?
Ich erzähle dir heute, wie ich es an diesem Abend geschafft habe, die Situation innerhalb einer Stunde über das Telefon so zu deeskalieren, dass beide Kinder friedlich eingeschlafen sind.
Und das Beste daran?
Mit meinem 5-Schritte-Prozess funktioniert das auch bei dir zu Hause.
Schritt 1: Emotionales Abholen – Die ersten Minuten machen den Unterschied
Meine 8-Jährige ruft mich also völlig aufgelöst an. Ich verstehe kein Wort, nur Weinen, Schreien, Panik.
Mein erster Satz beginnt mit entspannter Stimme:
"Hey Süße, Ich bin da. Ich höre dich. Alles gut. Wir schaffen das!"
Erstmal nur für ihre Emotionen da sein.
Das ist so wichtig: Zu allererst müssen die Emotionen gesehen werden.
Mein zweiter Satz ist:
"Ich verstehe kein Wort. Atme einmal tief ein und aus – und dann erzählst du mir, was passiert ist."
Hier kommt schon die erste Regulationsstrategie zum Einsatz ⇒ Atmen!
Ich sage erstmal 10 Minuten fast nichts, außer:
"Ja.‘ ‚Mhm.‘ ‚Ich verstehe dich.‘ ‚Das macht Sinn.‘ ‚Ist normal, dass du wütend/traurig/verzweifelt bist." -
Diese Technik nennt man Stilles Zuhören. Eine unglaublich effektive Technik des Aktiven Zuhörens.
Jedes Mal wenn sie wieder ins Schluchzen kommt, sage ich “Atmen - ein, aus - sonst verstehe ich dich nicht.”
Ich biete noch
❌ keine Lösungen,
❌ keine Erklärungen,
❌ keine Perspektivenübernahme an!
❌ Und vor allem gehe ich nicht in die Rolle des Schiedsrichters!
Viele Eltern springen hier sofort rein und versuchen, zu klären und Lösungen zu finden. “Wer ist schuld?” “Wer hat angefangen” “Wer soll sich bei wem entschuldigen” - obwohl wir als Eltern oft nicht die ganze Geschichte kennen.
Denn Kind A kann zuerst hinschlagen, aber Kind B kann davor schon ganz unbemerkt provoziert haben.
Partei zu ergreifen ist einer der größte Fehler von Eltern in Geschwisterkonflikten! Unsere Aufgabe ist nicht zu entscheiden, wer Recht hat oder Lösungen zu finden – sondern zwischen den Kindern zu vermitteln.“
Schritt 2: Klärung – Aber erst, wenn das Kind ruhig ist
„Nach 10 Minuten merke ich: Sie beruhigt sich langsam.
Das ist mein Zeichen: JETZT kann ich langsam mit der Klärung beginnen.
Ich stelle ganz viele Fragen:
‚Wie war das genau?‘ ‚Was hat der Papa gemacht?‘ ‚Was hast du dann gemacht? Ich höre zu uns mache mir ein Bild ihrer Seite.
Und ich beginne, ihr die Welt zu erklären – mit Geschichten, Vergleichen, Metaphern.
Sie sagt zu mir:
‚Ich habe meine Schwester geschlagen, weil sie mich genervt hat. Und der Papa hat gesagt, sie soll mich zurückschlagen. Das ist so gemein.‘
Und ich reagiere wieder in zwei Schritten:
Erstens:
✅ Emotionales Abholen: ‚Ja, das ist wirklich gemein. Ich verstehe, dass dich das kränkt.‘
und Zweitens:
✅ eine Erklärung geben mit einer Frage: ‚Weißt du was passiert, wenn du jemanden auf der Straße schlägst? Ja genau, dann schlägt diese Person in der Regel zurück. Ich glaube, dein Papa wollte dir zeigen, dass wenn du jemanden schlägst, die Person zurückschlagen wird. Vor allem, wenn diese Person älter und stärker ist. Verstehst du das?‘
Sie hört mich, auch wenn sie darauf nicht eingeht.
Und sie sag weiter:
‚Der Papa hat gesagt, ich bin verrückt.‘
Ich wieder in zwei Schritten:
erstens:
✅ Emotionales Abholen: ‚Das tut mir leid, Süße. Das ist nicht okay. Das tut weh. Das verstehe ich.‘
Und zweitens:
✅ eine Erklärung mit einer Frage mit Bezug zu ihr selbst: ‚Kennst du das, wenn du richtig wütend bist und etwas sagst, das du gar nicht so meinst? Ja - das kennst du! So geht es wohl gerade auch dem Papa. Wenn man gestresst ist, ist es auch für Erwachsene manchmal echt schwer sich zu kontrollieren.”
Das Entscheidende ist: Sobald ich merke, sie wird emotional oder geht in den Verteidigungsmodus, wechsle ich zurück zum Emotionalen Abholen und bin wieder ein Weile nur für sie und ihre Emotionen da.
Es ist ein feinfühliger Tanz zwischen Verständnis und Perspektivenübernahme und ich kann mich an ihren Emotionen orientieren, was sie gerade nehmen kann und was sie braucht .
Schritt 3: Der nächste Eskalationspunkt – Das nächste Kind beruhigen
„Nach 15 Minuten ist sie komplett ruhig.
Aber jetzt höre ich ihre Schwester im Hintergrund laut weinen – und den Papa heftig schimpfen.
Das bedeutet: Das nächste Kind muss abgeholt werden.
Also wird das Handy jetzt weitergereicht.
Gleiches Prozedere:
1️⃣ Emotionales Abholen.
2️⃣ Atmung zur Regulation nutzen.
3️⃣ Fragen stellen und Situation klären.
4️⃣ Perspektivenübernahme: ‚Warum verhält sich dein Papa gerade so?‘
Dann stellen wir das Handy auf Lautsprecher. Beide Kinder sind jetzt ganz ruhig. Sie sitzen friedlich im Zimmer nebeneinander – der Papa ist draußen und hat auch Zeit, sich zu beruhigen.
Beide sagen: ‚Wir haben Angst vor dem Papa. Was ist wenn er gleich wieder laut schreit, wenn wir raus gehen.”
Ich erzähle ihnen eine Geschichte von einem wütenden Säbelzahntiger.
Wir besprechen, dass sie jetzt in ihrer Höhle bleiben – in ihrem sicheren Zimmer und dem "Säbelzahntiger" Zeit geben sich zu beruhigen.
Schritt 4 & 5: Beruhigung & Abschluss – Atmen, Entspannen, Schlafen
„Die Geschichte vom Säbelzahntiger interessiert sie. Sie finden es spannend, dass es jedem Menschen mit der Wut so geht. Sie stellen ganz viele Fragen.
Ich erkläre ihnen weiter:
‚Wenn wir im Stress sind, atmen wir flach und kurz – und dann bekommt unser Gehirn nicht genug Sauerstoff. Könnt ihr euch erinnern, wie ihr geatmet habt, als ihr mich vorhin angerufen habt? Und dann mache ich es vor und atme ganz kurz und hastig.
Deshalb machen wir jetzt eine Übung.
Und dann machen wir gemeinsam die Regenbogenatmung übers Telefon:
🌈 7-mal tief ein- und ausatmen, während wir die Farben des Regenbogens entlangfahren.
Ich mache mit. Sie machen mit. Die Anspannung sinkt.
Es ist mittlerweile 22 Uhr. Die Kinder brauchen jetzt wirklich Schlaf. Heute ist nicht mehr der richtige Zeitpunkt, um Lösungen zu überlegen, wie sie nächstes Mal ihre Themen entspannter klären können. Das machen wir in Ruhe in den nächsten Tagen. Zähneputzen lassen wir heute auch mal aus. Die Kinder sollen jetzt lieber einschlafen und dem "Säbelzahntiger" nicht noch einmal über den Weg laufen.
Ich überlege, wie ich jetzt über das Telefon die Einschlafbegleitung gestalten kann?
Da fällt mir eine Fantasiegeschichte ein, die ich mal gelesen habe: “Der Waldspaziergang”.
Sie sollen sich den Pyjama anziehen, das Handy mit Lautsprecher in die Mitte des Zimmers legen, das Licht ausschalten und sich in die Betten kuscheln. Wenn sie fertig sind, dürfen sie “FERTIG” rufen.
Sie rufen “FERTIG und ich fange an vorzulesen:
"Leg dich bequem hin. Mach es dir in deinem Bettchen richtig gemütlich. Deine Arme und Beine liegen locker auf deiner Matratze. Schließe nun deine Augen. Spüre die weiche Matratze auf der du liegst und wie dein Atem ruhig und entspannt fließt. Atme in den Bauch ein, sodass sich dein Bauch wie ein großer Luftballon aufbläst. Und jetzt atme langsam wieder aus. Wieder ein und aus.
Wie sieht der Raum in deinen Gedanken aus: Wie weit ist es bis zur Decke? Wo sind die Fenster? Und wo ist die Tür?
Stell dir nun vor, wie du langsam zur Tür gehst und sie öffnest. Sonnenstrahlen blenden dich kurz und du fühlst die wohlige Wärme auf deiner Haut …”
Nach 10 Minuten höre ich nichts mehr. Sie schlafen.
Jetzt noch schnell dem Papa schreiben, wie es ihm geht. 2 Minuten Zeit nehmen, um ihn auch noch Emotional Abzuholen. Ihm zu sagen, dass er ein wundervoller Papa ist. Das das normal ist. Das es uns allen manchmal so geht. Das wir langfristig gemeinsam Lösungen finden werden.
Dann gehe ich zurück zu unserem Besuch. Alle warten schon. Aber egal – das hier war gerade wichtiger.
Deine Kinder klar und strukturiert durch ihre Konflikte zu begleiten ist erlernbar.
Du kannst lernen, deine eigenen Emotionen aus dem Spiel zu lassen, die Themen deiner Kinder bei ihnen zu lassen, Konflikte rechtzeitig zu deeskalieren, ihnen die Lösungsfindung zu überlassen ohne sie damit allein zu lassen und Missverständnisse aufzulösen, bevor die Beziehung deiner Kinder langfristig belastet ist.
✨ Auf meiner Lernplattform zeige ich dir Schritt für Schritt, wie du diese Techniken für dich und deine Familie nutzen kannst.
Damit eure Beziehung auf Verständnis und Wertschätzung beruhen – und nicht ein ständiges Schlachtfeld sind ❤️
Ich hoffe, dieser Artikel hilft dir!
Wenn du tiefer in diese Themen eintauchen willst, schau unbedingt auf meiner Lernplattform vorbei!
Alles Liebe & hoffentlich bis bald
Deine Nadja